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MISSION: IMPOSSIBLE – THE FINAL RECKONING - Ethan Hunt im Sturzflug

  • Autorenbild: Haiko
    Haiko
  • vor 13 Stunden
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 5 Stunden



Tom Cruise übt auch hier seine Paradedisziplin aus: er rennt wieder. In MISSION: IMPOSSIBLE - THE FINAL RECKONING sprintet er mit gewohnt atemloser Hingabe durch jede erdenkliche Kulisse. Doch eine Frage drängt sich auf: Jagt er diesmal wirklich nur die Bösen oder vielmehr seinem persönlich größten Erfolg von TOP GUN: MAVERICK hinterher?

Mit seinem nostalgischen Kampfjet-Comeback hatte Cruise nicht weniger vollbracht, als das totgeglaubte Kinoerlebnis wiederbelebt und bescherte Hollywood einen so dringend benötigten Kassenerfolg außerhalb des Marvel-Universums. Doch der erste Teil seiner jüngsten Impossible-Mission vermochte diesen finanziellen Zauber an den Kinokassen nicht zu wiederholen, trotz spektakulärer Stunts und unterhaltsamer Momente.

Nun steht der zweite Teil paradoxerweise unter einer geradezu prophetischen Prämisse: dem Kollaps. Während Ethan Hunt verzweifelt versucht, den Zusammenbruch der Welt zu verhindern, zeigt das Franchise zum ersten Mal bedrohliche Risse, die dieselbe existenzielle Fragilität widerspiegeln wie die Story, die sie erzählen. Eine bittere Ironie, die unbewusster nicht sein könnte.


Filmbild aus MISSION: IMPOSSIBLE – THE FINAL RECKONING

Alles kreist um die ominöse „Entität" – eine künstliche Intelligenz, deren immense Macht nur durch einen mysteriösen Schlüssel gebändigt werden kann. Die Lösung präsentiert sich mit entwaffnender Simplizität: Ethan muss lediglich mit seinem IMF-Team zwei Teile zusammenfügen – der Quellcode im U-Boot-Wrack und eine von Luther entwickelte "Giftpille". Ein Plot von solcher Dürftigkeit, dass er die monumentale Laufzeit von 169 Minuten zu zerreißen droht.

In einer der atemberaubendsten Sequenzen des gesamten Films taucht Hunt in die Tiefen der Beringsee, um das aus dem ersten Teil bekannte U-Boot „Sewastopol" zu erreichen, das unter einer massiven Eisschicht auf dem Meeresgrund ruht. Wohltuend für den Zuschauer bleibt diese Sequenz eine genuine Überraschung – im Gegensatz zum ikonischen Motorradstunt des Vorgängerfilms, den die Marketingmaschinerie in Trailern und Werbespots bis zur Ermüdung vorwegnahm. Das Wrack rollt in dieser Szene einen Abhang hinab, während die Kamera die natürliche Ordnung auf den Kopf stellt, der Boden wird zur Decke, die Decke zum Boden. Ein visuelles Fest besonders im IMAX-Format, wo der Bildwechsel die Desorientierung perfekt akzentuiert und die Immersion ins Grenzenlose steigert.

Filmbild aus MISSION: IMPOSSIBLE – THE FINAL RECKONING

Doch abseits dieses Höhepunkts taumelt die erste Stunde unbeholfen durch ihre Erzählung. Was als liebevolle Retrospektive hätte funktionieren können, verkommt zu einer uninspirierten Aneinanderreihung bekannter Bilder. Erst später gewinnt das narrative Geflecht an Kohärenz und bekannte Gesichter fügen Vieles zusammen.

Nach dem finanziellen Stolpern des Vorgängers wurden gravierende Kurskorrekturen vorgenommen – Komponist Lorne Balfe wurde ausgetauscht, der Titel von DEAD RECKONING PART TWO zu THE FINAL RECKONING geändert. Diese Neuausrichtung verrät die ursprüngliche Intention von Regisseur Christopher McQuarrie und Co-Drehbuchautor Erik Jendresen: ein definitives Ende kreieren zu wollen.

Von der ersten Minute an wird Ethan Hunt ins Zentrum gerückt – als müsste man das Publikum daran erinnern, wer hier eigentlich der Star ist. Die Tonalität wandelt sich dabei radikal: Jede Unze des einst so charakteristischen Humors, jene leichtfüßigen Momente zwischen Ving Rhames, Simon Pegg und Tom Cruise, scheinen einem unerbittlichen Ernst geopfert worden zu sein. Das Knistern zwischen Hunt und Grace, Tom Cruise und Haley Atwell, das im Vorgänger noch für emotionale Tiefe sorgte, bleibt in diesem Teil überraschend eher aus - eine weitere verpasste Chance, dem Film mehr menschliche Dimension zu verleihen. Das sorgfältig austarierte Gleichgewicht, das die Filmreihe jahrelang auszeichnete, wird hier komplett aufgegeben. THE FINAL RECKONING entpuppt sich als düsterster Teil der Reihe, mit einer Bildsprache, die durch klaustrophobische, beengte Räume diese beklemmende Atmosphäre konsequent unterstreicht.


Filmbild aus MISSION: IMPOSSIBLE – THE FINAL RECKONING

In Zeiten, in denen Kino Eskapismus bieten könnte, konfrontiert uns dieser Blockbuster mit einem nuklearen Abgrund. In endlosen Sequenzen sehen wir startbereite Atomraketen und eine Welt kurz vor dem Kollaps. Obwohl nahezu dasselbe Ensemble agiert, vollzog sich eine Metamorphose: War DEAD RECKONING noch spritzig und humorvoll, vermisst man hier jede Leichtigkeit. Gabriel, im ersten Teil ein faszinierender, gefährlicher Gegenspieler – spannend porträtiert von Esai Morales – wird zur blassen Nebensächlichkeit. Der Komponistenwechsel von Lorne Balfe zu Max Aruj und Alfie Godfrey erweist sich obendrein als Fehltritt – trotz Arujs Erfahrung mit dem Franchise spürt man Balfes Abwesenheit in jedem Takt. Im Gegensatz zum letzten Bond-Film mit Daniel Craig fehlt es hier an Risikobereitschaft – Craigs Finale polarisierte, bewies aber Mut.

Fazit:

War dies Ethan Hunts letzte Mission? Die Frage bleibt offen. Unbestreitbar ist jedoch: Während das Franchise in einen Sinkflug geraten ist, ist es wieder einmal Tom Cruise selbst, der – mit einem kalkulierten Sturzflug auf einem antiken Doppeldecker – das Kinoerlebnis rettet. Seine waghalsige Hingabe an spektakuläre Stunts wird zum Rettungsschirm für eine Reihe, die sonst möglicherweise am Ende ihrer Flugbahn angekommen wäre.


Filmposter von MISSION: IMPOSSIBLE – THE FINAL RECKONING






Bilder und Trailer: © 2025 Sony Pictures Entertainment Inc.

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