Michael Bays actionreiche Verfolgungsjagd durch LA | Unsere Kritik zu AMBULANCE | Filmtick.de

Michael Bay kehrt nach seinem Ausflug mit 6 UNDERGROUND bei Netflix zurück ins Kino. Versprochen sind halsbrecherische Stunts, zerstörte Autos, lange Schießereien und gewaltige Explosionen. Lest hier, ob sich der Film im Kino lohnt. Viel Spaß!

AMBULANCE - Ab Donnerstag überall im Kino.

Kritik:
Die primäre Frage bei einem neuen Michael Bay - Film lautet wohl: Wie viel Action steckt in ihm? Immerhin las sich die Synopsis vorab nicht wie ein weiterer Kampf zwischen den Autobots und den Decepticons oder wie ein Angriff auf das Hauptquartier der Pazifikflotte der United States Navy. Sein neuester Actionstreifen basiert auf dem dänischen Film AMBULANCEN von Laurits Munch-Petersen und Lars Andreas Pedersen, indem zwei Bankräuber einen Krankenwagen mit einem Herzinfarktpatienten entführen. Übernommen haben Michael Bay und Drehbuchautor Chris Fedak, der die NBC-Serie CHUCK mitentwickelte, das Grundkonzept und dieses haben sie für die Zuschauer in zwei nervenaufreibende Stunden gepackt. Sie erzählen die Geschichte eines missratenen Banküberfalls, der mit einer Geiselnahme endet und der weitere Film sich zu einer explosiven Hetz- und Verfolgungsjagd durch die Straßen von Los Angeles entwickelt.

AMBULANCE_17.jpg

Michael Bay war während des Pandemie-Lockdowns auf der Suche nach einem Film, den er mit seiner Crew schnell in Los Angeles realisieren konnte. Als die Produzenten des Films davon erfuhren, konnten sie ihn schnell vom Projekt überzeugen und als er an Bord war, war der ambitionierte Plan, den Film 
in nur 39 Tagen zu drehen.

Wie schon so oft bei Michael Bay steht die Freundschaft zweier Männer im Vordergrund. Sei es Will Smith und Martin Lawrence in den BAD BOYS - Teilen oder Josh Hartnett und Ben Affleck in PEARL HARBOR. Hier ist es die von Will und Danny. Will - gespielt von Yahia Abdul-Mateen II - hochdekorierter Kriegsveteran, braucht unbedingt Hilfe. Seine krebskranke Frau benötigt eine experimentelle Operation, die 230.000 Dollar kostet. Also wendet er sich an seinen Bruder Danny und bittet um Hilfe oder einen kleinen Job, denn beide verbindet eine Vergangenheit, von der Will eigentlich dachte, sie hinter sich gelassen zu haben. Beide hatten damals gemeinsame, glückliche Kindheitstage. Seit dem Dannys Vater Will als Adoptivkind in die Familie geholt hat, kümmert sich Danny um seinen kleinen Bruder. Er steckt mitten in den Vorbereitungen zu seinem nächsten kriminellen Coup, einem Banküberfall, seinen 38. Banküberfall. Da kommt ihm die Bitte seines kleinen Bruders gerade recht, denn Danny konnte sich auf seinen Bruder bei solchen Aktionen schon immer verlassen und er benötigt noch einen weiteren Mann für den größten Banküberfall in der Geschichte von Los Angeles. Es winken 32 Millionen US-Dollar. Schweren Herzens willigt Will ein und die Tragödie nimmt ihren Lauf.

AMBULANCE_25.jpg

Michael Bay steht für knallharte Action und auch wenn er diesen Film versucht nuancierter anzulegen, kommt dabei - wie soll es auch anders sein - ein weiterer Actionkracher raus. Nun man könnte ihm die Einführung der Charakteren zugutehalten, den Konflikt, dem Will ausgesetzt ist, der ihn förmlich innerlich zerreißt, als tiefgründig einstufen. Solche Charaktere mit militärischem Hintergrund begegnen einem immer wieder in seinen Filmen. Wie General Francis X. Hummel aus THE ROCK - FELS DER ENTSCHEIDUNG, ebenfalls hochdekorierter Kriegsveteran, dem die Apathie seiner Regierung und der Druck seiner hohen Ideale zu drastischen Mitteln greifen lassen, war auch einst loyaler Staatsdiener, ebenfalls innerlich zerrissen. 

AMBULANCE ist keine intime Geschichte zweier Brüder, sondern dröhnendes Actionkino. Bay liefert uns zwar mal untypisch die wohl langsamste Verfolgungsjagd der Filmgeschichte mit lediglich 20 Stundenkilometern, doch ansonsten ist der Film laut, vollgepackt mit Heldentum, die Kamera ist immer in Bewegung, das Design immer dynamisch. Gefundenes Fressen für Bay-Hasser auf der einen und genau das, was seine Fans sich wünschen, auf der anderen Seite. Er liefert uns genug Szenen, in denen man denkt: Was zum Teufel…? Einer der bewaffneten Bankräuber trägt Birkenstock-Schuhe, Banditen, die mit einer älteren Dame im Fahrstuhl stecken, den sie mit ihrem Gehstock aufhielt, ein Polizist, der den liegengebliebenen Fluchtwagen repariert. Den Preis für die fragwürdigste Szene geht allerdings an Eiza González, die als Sanitäterin Cam Thompson im fahrenden Krankenwagen eine Operation durchführt. Egal. Humor ist immer da. Sei es das Danny einen seiner Männer mit Mel Gibson aus BRAVEHEART vergleicht oder die Anspielungen auf Bays eigene Filme wie THE ROCK oder BAD BOYS - HARTE JUNGS. Was Michael Bay schafft, ist zu unterhalten. Und das ist der Film: pure Unterhaltung. Den ganzen Film über versucht einem der Drehbuchautor die Frage aufzudrücken, ist einer der Brüder nun der gute oder der böse Junge oder verhält es sich doch ganz anders. Aber darum geht es gar nicht. Es geht um den besten Stunt, die noch schnellere Kamerafahrt, Action, die einem den Adrenalinspiegel erhöhen lassen, als wäre man mit im Inneren des Krankenwagens. Und das schafft er perfekt. Enden tut alles in einem Blutbad, zwischendurch gibt es wohl die beste Straßen-Schießerei seit HEAT. Bay versucht seiner eh schon vitalen Erzählweise energiegeladen noch eins drauf zusetzen. Gefühlt fliegen die Kameras hier durch die Actionsequenzen. Der Score von seinem 6 UNDERGROUND - Komponisten Lorne Balfe tut heroisch und pathetisch sein Übriges dazu bei.

Fazit:
AMBULANCE ist kraftvoll und rasant, erinnert beim Erzähltempo an SPEED und UNSTOPPABLE - AUSSER KONTROLLE. Der Schnitt des Films lässt keine Zeit zum Luftholen. Sicherlich kein Arthouse-Film, aber wer das erwartet hat, ist eh im falschen Kinosaal. Die Story bleibt eher nebensächlich. Wer aber pure Action sehen will, Explosionen, Schießereien, eine sportliche Verfolgungsjagd, Autos, die durch die Luft fliegen… wer sich einfach unterhalten lassen will, ist hier genau richtig.


 


AMBULANCE_Poster_BW.png


Bild: © Universal Pictures International Germany GmbH |  | Bettina Ausserhofer